München, 3rd December 1903

Max Reger to Josef Hofmiller

Object type
Letter
Date
3rd December 1903 (source)
Sent location
München
Source location
DE,
München,
Münchner Stadtbibliothek, Monacensia,
Reger, Max A III/Konv. (Zugangsnummer 817/61)

Senders
  • Max Reger
Recipients
Dr. Hofmiller
Kirchenstraße 5
München-Haidhausen

Incipit
Sehr geehrter Herr Dr!
Anbei finden Sie meinen Aufsatz Hugo Wolfs künstlerischer Nachlaß. […]

Regesta
sendet den Aufsatz Hugo Wolfs künstlerischer Nachlaß und kündigt einen neuen Aufsatz über den unbekannten Komponisten E. Schilsky für Ende Februar 1904 an • reist am 7. 12. nach Berlin und Breslau, kommt am 16. 12 zurück • teilt den Stand einiger seiner Kompositionen mit: bereits vollendet sind die18 Gesänge op. 75, Bearbeitung des Chorals »O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen« WoO V/4 Nr. 2, Streichquartett op. 74 schon im Druck, in Planung Serenade für kleines Orchester, Schwäbisches Liederbuch mit ca. 20 Gesängen in der hochdeutschen Fassung von R. Braungart, 12 Gesänge unter den Titel »Deutscher Minnensang« mit dem Texten aus dem 12.–14. Jahrhundert, der 149. Psalm für 8stimmigen Chor mit großem Orchester und Orgel sowie »Die Nonnen« für Chor und Orchester mit dem Text von Martin Boelitz • »Daß man bei dieser Arbeitsfülle – u. ich fühle mich nur dann gesund, wohl wie 500000 Säue, wenn ich so recht schaffen kann – natürlich nicht Zeit hat spazieren zu gehen u. jede Nacht bis 1 Uhr am Schreibtisch sitzt, früh spätestens 9 Uhr anfängt u. während des ganzen Tages eine Gesamtpause von 1 Stunde zu Mittag- und Abendessen macht, nebenbei pro Tag mindestens 2 Stunden gibt, können Sie sich wohl denken.«
Remarks

Josef Hofmiller war Redakteur der Süddeutschen Monatshefte; Regers Aufsatz Hugo Wolfs künstlerischer Nachlass erschien im Februar 1904 (Jg. 1/Heft 2) in dieser Zeitung


Publications

1.

[gedruckter Briefkopf:]
MAX REGER
MÜNCHEN
Preysingstrasse 1b/I.

MÜNCHEN, den 3. Dec. 1903.

Sehr geehrter Herr Dr!

Anbei finden Sie meinen Aufsatz Hugo Wolfs künstlerischer Nachlaß [RWV Schriften A3]. Ich hoffe sehr, damit das Rechte getroffen zu haben u. muß bemerken, daß dasselbe zwar hie u. da scharf ist, – aber wer sich betroffen fühlt, dem geschieht eben recht. Sollten sich Stimmen finden, die gegen meinen Aufsatz in den Monatsheften polemisieren wollen – nun gut – auch diesen Herren spiele ich auf u. dann soll die Sache d.h. der Tanz viel gepfefferter werden. Apropos: ich bin eben auf der Fährte, eine Historie zu „erwischen“ gegen die die Ansicht von „undankbarem Studienwerk“ noch die reine Kinderei ist; wenn die Historie klar liegt u. ich die Dokumente daran besitze, dann werde ich die ganze Geschichte „liebevoll“ für die Monatshefte mit zierlichen Kontrapunkten versehen bearbeiten. – Schon jetzt stelle ich Ihnen einen 2. Aufsatz, den Sie so Ende Februar 1904 erhalten werden: nämlich über den gänzlich unbekannten, aber sehr begabten Komponisten E. Schilsky.1 Ich reise Montag (7. Dec.) mittags nach Berlin u Breslau u. komme Mittwoch den 16. Dezember früh wieder; also fast 10 Tage unterwegs, um mich in Berlin u. Breslau zum Dorforgelspieler degradieren zu lassen.

Haben Sie also die Freundlichkeit mich umgehendst zu benachrichtigen, ob mein Aufsatz richtig in Ihre Hände kam u. ob er Ihnen so recht ist? Für umgehendste Nachricht wäre ich Ihnen sehr dankbar!

2 serbische Volkslieder hab’ ich schon komponiert; stehen in meinem neuesten (soeben vollendet!) Cyclus von 18 Liedern op 75! Mein Streichquartett op 74 ist bereits im Druck; vollendet hab’ ich außerdem eine Bearbeitung des Chorales: „O wie selig seid ihr Todten!“ (für Chor, Gemeindegesang, Orgel u Streichorchester!) [WoO V/4 Nr. 2] Wenn ich von meiner Reise zurückkomme, dann geht’s über eine „Serenade“ für kleines Orchester [siehe Opus 90], zu der mir schon eine Menge Noten im Kopf herumschwirren. Sodann gibt’s nachher ein „Schwäbisches Liederbuch“ so 20 Gesänge „auf“ schwäbische entzückende Texte, die mir Herr R. Braungart verhochdeutscht hat! Nach dieser Sache gedenke ich so gegen 12 Gesänge unter dem Titel: „Deutscher Minnesang“ [gestrichen: (so gegen 12 Lieder)] „auf“ Texte aus dem 12.-14. Jahrhundert zu schreiben. Außerdem juckt mir der 149. Psalm für 8stimmigen Chor mit großem Orchester u. Orgel [später: 100. Psalm op. 106] arg in den Fingern u. ein wundervoller Text von Martin Boelitz: „Die Nonnen“ für Chor und Orchester [op. 112]!2 Daß man bei dieser Arbeitsfülle – u. ich fühle mich nur dann gesund, wohl wie 500000 Säue, wenn ich so recht schaffen kann – natürlich nicht Zeit hat spazieren zu gehen u. jede Nacht bis 1 Uhr am Schreibtisch sitzt, früh spätestens 9 Uhr anfängt u. während des ganzen Tages eine Gesammtpause von 1 Stunde zu Mittag- u. Abendessen macht, nebenbei pro Tag mindestens 2 Stunden gibt, können Sie sich wohl denken.

Mit besten Grüßen, u. der Bitte um
baldigste Nachricht
Ihr
mit ausgezeichnetster
Hochachtung
ergebenster
Max Reger.


1
Ein Aufsatz Regers über Edouard Schilsky ist nicht nachweisbar.
2
Die Pläne »Schwäbisches Liederbuch« und »Deutscher Minnesang« wurden nicht nachweislich in die Tat umgesetzt.
Object reference

Max Reger to Josef Hofmiller, München, 3rd December 1903, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006695.html, last check: 27th July 2024.

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