Wiesbaden, 30th October 1894

Max Reger to Waldemar Meyer

Object type
Letter
Date
30th October 1894 (source)
Sent location
Wiesbaden
Source location
unknown
: Kaufpreis: 2400 CHF

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Hochgeehrter Herr Professor!
 […]

Regesta
ist »mit Arbeiten [...] überhäuft« • »So habe ich für Eugen d‘Albert seine Ouverture op 7 (Esther) für Klavier zu 4 Händen übertragen [d’Albert-B1], bin jetzt daran von Ph. Rüfers neuester 4aktiger Oper [Ingo] den Klavierauszug [...] zu machen [Rüfer-B1] u. habe doch jetzt in Wiesbaden schon ganz nette Stunden gegeben« • »Erschienen ist in der Zeit nichts mehr; Augener hebt die Sache immer so lange in seinem Schrank auf. So hat er seit Januar ein Heftchen Duette [op. 14], seit September ein neues Heft (10) Lieder [op. 15] – ich habe bis jetzt nur das Geld dafür erhalten, aber keine Korrekturen. Augenblicklich arbeite ich an einer Sonate für Orgel [Orgelsuite e-Moll op. 16]. Selbe besteht aus: Introduzione u. 4stimmiger Tripelfuge (Emoll), Adagio [...] u. Passacaglia (E moll)« • »Gott sei Dank, daß Augener nicht hier ist; er könnte mir das Leben sauer machen mit seinen ewigen Vorwürfen (grade auf die 1. Sonate [op. 1]) u. mit dem ewigen Hinweis auf Grieg u. wieder Grieg. Ach Gott, was ist denn schließlich die ganze Originalität Griegs. Seine Kammermusikwerke sind einfach keine Kammermusikwerke. Er kommt mir vor wie ein in Syrup getaufter nordischer Bauer« • »Denken Sie Sich an, ich bin auch solide geworden! Nu, – einen Seufzer der Erleichterung höre ich jetzt. Ich gestehe offen, daß, als früher noch meine Kollegen [...] hier waren, der jugendliche Übermut, wer wohl am meisten Krügele „Echtes“ schlucken konnte – oft zu arg wurde. Allein jetzt, wo ich mich schon bald dem vierzigsten Jahre nähere, in welchem Jahre alle Schwaben – holla, ich bin ja gar keiner – klug werden, da wird‘s bei mir wohl auch an der Zeit sein« • »Nach Berlin werde ich dieses Jahr wohl schwerlich kommen können, – denn Augener rückt keinen „Golddraht“ heraus. Wüßten Sie z.B. so eine alte heiratslustige Witwe von 75–80 Jahren mit einem Vermögen von 50000000 M – o dann wäre ich gerne bereit, selbe mit meiner holden Persönlichkeit zu beglücken – vorausgesetzt, dass sie mir schriftlich garantiert vorher – nach einem halben Jahr mich als „tieftrauernden“ Witwer zurückzulassen«
Remarks

bei J.A. Stargardt als Brief an Unbekannt versteigert (Empfänger jedoch identifiziert, da zweite, kürzere Teilabschrift vorhanden und bereits zuvor unter Meyer aufgenommen)

Referenced works

Publications

J.A. Stargardt, Katalog 678, Berlin 2003, Los 365, S. 241 (Faksimile S. 4)

1.

Hochgeehrter Herr Professor!
[… er sei] mit Arbeiten […] überhäuft […]
So habe ich für Eugen d’Albert seine Ouverture op 7 (Esther) für Klavier zu 4 Händen übertragen [RWV d’Albert-B1], bin jetzt daran von Ph. Rüfers neuester 4aktiger Oper den Klavierauszug […] zu machen [RWV Rüfer-B1] u. habe doch jetzt in Wiesbaden schon ganz nette Stunden gegeben […]
Erschienen ist in der Zeit nichts mehr; Augener hebt die Sachen immer so lange in seinem Schranke auf. So hat er seit Januar ein Heftchen Duette [Opus 14], seit September ein neues Heft (10) Lieder [Opus 15] – ich habe bis jetzt nur das Geld dafür erhalten, aber keine Korrekturen. Augenblicklich arbeite ich an einer Sonate für Orgel [op. 16]. Selbe besteht aus: Introduzione u. 4stimmiger Tripelfuge (E moll), Adagio […] u. Passacaglia (E moll) […]
Gott sei Dank, daß Augener nicht hier ist; er könnte mir das Leben sauer machen mit seinen ewigen Vorwürfen (grade auf die 1. Sonate) u. mit dem ewigen Hinweis auf Grieg u. wieder Grieg. Ach Gott, was ist denn schließlich die ganze Originalität Griegs. Seine Kammermusikwerke sind einfach keine Kammermusikwerke. Er kommt mir vor wie ein in Syrup getaufter nordischer Bauer […]
Denken Sie Sich an, ich bin auch solide geworden! [… vgl. Teilabschrift] ich gestehe offen, daß, als früher noch meine Kollegen [… vgl. ebda.] hier waren, der jugendliche Übermut, wer wohl am meisten Krügele „Echtes“ schlucken konnte – oft zu arg wurde [… vgl. ebda.]
Nach Berlin werde ich wohl dieses Jahr schwerlich kommen können, – denn Augener rückt keinen „Golddraht“ heraus. Wüßten Sie z.B. so eine alte heiratslustige Witwe von 75–80 Jahren mit einem Vermögen von 50000000 M – o dann
[weiter gem. Abbildung:] wäre ich gerne bereit, selbe mit meiner holden Persönlichkeit zu beglücken – vorausgesetzt, daß sie mir schriftlich garantiert vorher – nach einem halben Jahr mich als „tieftrauernden“ Witwer zurückzulassen. Dann kaufte ich mir eine VVillaa – also jetzt schreibe ich hier VVillaa statt Villa … na, ich meinte halt eine ganz große – deshalb VVillaa – u. komponierte soviel, daß sämtliches Papier nicht mehr reichte u. mir diese Beschäftigung mir polizeilich untersagt würde. Allein so, wenn man sich auf den „Ersten“ freut, wie Moses aufs Paradies – u. dann doch wieder „Nischt“ hat, so ist das eben doch eine mißliche Sache – ist aber dies mißlich nicht von Miß abgeleitet.
Nun werden Sie wohl genug haben von all den Kalauern. O ich kann auch vernünftig sein, sehr sogar – es kommt halt eben nur nie vor – sonst wäre ich ja ein ganz brauchbares Mitglied der menschlichen u. unmenschlichen Gesellschaft.
Sehr viele, viele Freude würde es mir machen, wenn Sie mir mal nur einen kurzen Brief senden wollten – wenn Sie mir auch den Kopf gehörig waschen wegen meiner Kalauer – „in Demut es trage“ heißt es in der Arie der bezähmten Widerspenstigen.
Mit der Bitte mich Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin bestens empfehlen zu wollen u. den besten Wünschen für das Wohlergehen Ihrer Familie

Ihr
stets mit allerherzlichster Dankbarkeit
ergebenster
Max Reger
Wiesbaden Bleichstr. 39II

Entschuldigen Sie Schrift. Allein es ist eine Zeit, in der andere Menschen schon lange die süße Ruhe pflegen. Ich muß eben jetzt so lange arbeiten

Object reference

Max Reger to Waldemar Meyer, Wiesbaden, 30th October 1894, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006644.html, last check: 4th May 2024.

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