München, 11th June 1904
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 360
- Max Reger
Herren Lauterbach u. Dr Kuhn
Leipzig
Rossstrasse 18
M.s.g. Herren!
Danke schön für Brief u. „O wie selig“! „O Haupt voll“ hab’ ich […]
gelocht
- Streichtrio a-moll op. 77b
- Streichquartett d-Moll op. 74
- Serenade D-dur op. 77a
- Chorale Cantata “O Haupt voll Blut und Wunden” WoO V/4 No. 3
Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 328
1.
M. s. g. Herren! Danke schön für Brief u. „O wie selig“ [WoO V/4 Nr. 2]! „O Haupt voll“ [WoO V/4 Nr. 3] hab’ ich an Sie abgesandt! op 77 b ist noch schöner als op 77 a! Haben Sie noch nicht die grandiose Besprechung in Hamburger Nachrichten (F. Pfohl) gelesen? Wegen Leßmann brieflich! Einige Kritiken über op 72 (so gegen 10 Stück) erhielt ich heute, die sämmtlich sehr gut sind; ich sende sie Ihnen mal alle! Dr Altmann u. Max Marschalk schimpfen ebenso wie Kienzl über op 72! 8 deutsche Blätter haben die Uraufführung meines Streichquartettes op 74 zu Frankfurt a/Main am 31. Mai besprochen! Ich werde diesen wundervollen Fall mit dem nötigen Kommentar der Öffentlichkeit übergeben! Und zwar hat ein Kritiker diese sämtlichen 8 Zeitungen (wortwörtlich übereinstimend!) mit seiner Weisheit beglückt! Brief folgt, so bald ich nur einigermaßen kann! „O Haupt voll Blut“ muß höchst eigenartig wirken!
Schönste, beste Grüße Ihres treulichst ergebensten
Max Reger.
Ich hab’ elend viel Arbeit! „O wie selig“ [WoO V/4 Nr. 2] geht baldigst an Sie zurück!
2.
[Gedruckter Briefkopf:]
Max Reger
München
Preysingstrasse 1bI.] München, den 6. November 1904.
Meine sehr geehrten Herren!
Endlich langt es ein bißchen zum Schreiben! Anbei finden Sie eine Unmasse von Kritiken. (auch z. Th. auf Postkarten aufgeklebt!) Bitte, lesen Sie alle, u. theilen Sie dann mit mir mein Vergnügen über die notorische Unfähigkeit der Berliner Presse betr. meines op 72;
NB. Bitte: behalten Sie die besonders guten Kritiken über op 86; selbe können Sie behufs Reklame gut gebrauchen; alle anderen erbitte ich mir zurück! Aber wie gesagt, die völlige Hilflosigkeit der Presse meinem op 72 gegenüber ist ja herrlich schön! Was sich die Kerle von meiner „Formlosigkeit“ u. meiner à tout prix verrückt u. originell sein wollenden Harmonik zurecht faseln u. quatschen ist ganz erbarmungswürdig anzusehen – ein evidentes Zeichen von der completen „Pleite“ der deutschen Kritik! Dabei getraue ich mir getrosten Mutes zu garantieren, daß bis in 10 Jahren spätestens, allerspätestens den Leuten Dinge wie mein op 72 als ureinfache, absolut klare Sache erscheinen wird! Es ist das ganz ohne Zweifel, wenn [man] z.B. den Werdegang R. Strauß’ ansieht! Aber aufheben werde ich mir diese Kritiken alle als hochinteressante Dokumente zeitgenössischer Dummheit!
Die Sache ist ja sehr fein mit dem Kunstwart; die Batkakarte liegt anbei! Selbstredend werde ich von den „Schlichten Weisen“ [op. 76 Bd. I] u. auch aus op 83 (Minnelied!) für gemischten Chor (leichtest sangbar) setzen, was sich dafür nur eignet! Doch kann ich das, wie das Arrangement von op 82 No 5 erst machen, wenn ich im December Zeit habe!
In den Männerchören [op. 83] fehlt nicht viel; ich sende Ihnen dieselben mit diesem Briefe eingeschrieben zurück, – also Abzug nicht nötig!
Ich hab da nun die dringendste Bitte, daß Sie den Druck so beschleunigen, daß bis 19. November die Chöre fertig sind u. ich am 19. u. 21. November in Leipzig die Exemplare versenden kann; bitte, thun Sie da Ihr Möglichstes! Es ist unbedingt nötig, daß die Chöre bis 19. Nov. sicher fertig sind, damit wir damit nicht zu spät kommen für diese Saison! Am 21. Nov hab ich Zeit u. kann die Exemplare bequem von Ihrem Geschäfte aus versenden! Bitte, thun Sie also da Alles, damit op 83 sicher am 19. Nov. fertig ist! Sonst wüßte ich für heute nichts mehr! Wenn ich wieder etwas Zeit habe schreibe ich weiter! Die Korrekturen von op 83 machen heillose Arbeit; aber neuer Abzug ist nicht nötig! Adieu! Ich bin sehr müde!
Freitag abend
Anbei finden Sie ein Couvert mit sehr viel Kritiken; bitte, amüsieren Sie Sich mit mir über diese Unfähigkeit der Presse; besonders die 2 Kritiken über op 72 aus Breslau sind ja „unglaublich schön;“ ein Zeichen, wie mein op 72 diese stupiden Kerls ärgert!
Anbei in diesem Briefbogen liegt ein Ausschnitt, aus Münchner Allgemeiner Zeitung, aus welchem Ausschnitt Sie ersehen können: wie u. was ich gegen die Beethoventanzerei der Miß Duncan geschrieben habe! [RWV Schriften-A5] Da nun schon die Allgemeine Zeitung mein Eingesandt aus der Münchner Zeitung abdruckte, können wir uns ja auf einen netten Radau gefaßt machen! Aber es macht mir diebischen Spaß, daß ich mit gerade nicht „sanften“ Worten die Sache ins Rollen gebracht habe!
Op 83 No 1 u. 8 sende ich morgen (Sonnabend) eingeschrieben an Sie ab; es fehlt auch da nicht viel, also neuer Abzug nicht nötig! Also noch früh genug, daß op 83 am 19. XI sicher erscheinen kann!
Wir werden nächsten Montag abends 10 Uhr hier abreisen, kommen dann Dienstag (15) früh 659 in Leipzig an. (Thür. Bahnhof) Wir werden dann um 8 Uhr in Roßstraße 18 erscheinen u. dann erst nach Gautzsch in die Villa Lauter- bach fahren. Bitte, holen Sie uns nicht an der Bahn ab; Sie müßten ja selbst zu früh aufstehen, was mir sehr leid wäre, da Schlaf für jeden Menschen so nötig ist zur Erhaltung der Nerven. Nur um 8 Uhr sind wir in Roßstraße 18 u. fahren dann nach Gautzsch!
Wir freuen uns sehr, sehr auf die Tage (eine Woche) in Leipzig mit Ihnen u. allen meinen guten treuen Freunden zusammensein zu können u. danken vor Allem Ihnen, lieber Herr Lauterbach u. Frau Gemahlin jetzt schon aufs herzlichste für Ihre so liebenswürdige Gastfreundschaft.
Nun herzlichste Grüße, auf Wiedersehen
Ihr treulichster
Max Reger
In größter Eile!
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Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 11th June 1904, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01008440.html, version 3.1.4, 11th April 2025.
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