Hugo Riemann
Correspondence
1.
1.1.
Hugo Riemann, geboren am 18. Juli 1849 in Großmehlra (Thüringen), erhielt seinen ersten Musikunterricht beim Vater, dem Oberamtmann und Rittergutbesitzer Robert Riemann. Eine weiterführende Ausbildung bekam er im nahen Sondershausen von Mitgliedern der fürstlichen Hofkapelle. 1868 führten ihn erste Studien nach Berlin (Jura, Germanistik und Geschichte) sowie nach Tübingen (Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und Ästhetik), 1870 erschienen erste musikschriftstellerische Arbeiten. Ab Herbst 1871 studierte Riemann Komposition (bei Carl Reinecke) und Musiktheorie/-geschichte an der Universität und dem Konservatorium in Leipzig. Mit einer Dissertation Ueber das musikalische Hören wurde er letztlich an der Universität Göttingen promoviert. Bis 1903 entstanden zudem zahlreiche Kompositionen, vor allem Lieder und Klavierwerke. Nach ein paar Jahren als Chordirigent und Privatlehrer in Bielefeld kehrte Riemann 1878 nach Leipzig zurück und habilitierte sich noch im selben Jahr mit Studien zur Geschichte der Notenschrift (als Gutachter fungierte Philipp Spitta). 1880 begann er an seinem Musik-Lexikon zu arbeiten. Im Oktober 1881 wurde er Dozent für Klavierspiel und Theorie am Konservatorium in Hamburg, wo er Johannes Brahms kennenlernte. Nach einem Intermezzo als Lehrer am Fürstlichen Konservatorium Sondershausen 1889/90 fand er zum Wintersemester 1890 eine Anstellung als Klavier- und Theorielehrer am Wiesbadener Konservatorium. 1895 zog es ihn als Privatdozent zurück an die Universität Leipzig; ab 1908 leitete er dort das von ihm gegründete musikwissenschaftliche Seminar.
Ein zentrales Anliegen Riemanns war die Bildung der Musiker. Neben seinen klavierpädagogischen Werken verfolgte er dieses Ziel mit einem weitverbreiteten Opern-Handbuch sowie mit zahlreichen Katechismen, u.a. zu den Themen Harmonielehre, Phrasierung und Musikgeschichte. Ein ideales Medium zur Darlegung seiner Ideen bildete das nach ihm benannte, von Anfang an erfolgreiche Musik-Lexikon, das erstmals 1882 erschien. Darin hielt er auch mit kritischen Einschätzungen vor allem zeitgenössischer Komponisten nicht hinter dem Berg. Allgemein gewürdigt wurde sein Eintreten für Alte Musik, die er in vielen Ausgaben wieder zugänglich machte, auch wenn die damit einhergehende Phrasierung eher befremdlich wirkt.
Hugo Riemann starb am 10. Juli 1919 in Leipzig.
1. Reger-Bezug
Nach Regers musikalischem Erweckungserlebnis in Bayreuth 1888 sandte sein Lehrer Adalbert Lindner, der ihn bereits mit Riemanns Phrasierungslehre bekannt gemacht hatte, die Ouvertüre h-moll (WoO I/1) zur Begutachtung an Riemann. Dieser befand immerhin: “[…] der junge Mann hat Talent, vorläufig aber kann und weiß er noch nicht allzuviel”. Unter anderem legte er Reger ans Herz, “sich in der Melodieentwicklung” zu üben: “Möge er Lieder, Kammerstücke, Quartettsätze, besonders Adagios (ohne Variationen) schreiben, um etwas längeres denken zu lernen als Motiven von vier Takten. Bayreuth ist Gift für ihn.” (Brief vom 26. November 1888 an Lindner) Zwei Jahre später wurde Reger Riemanns Schüler (Klavier und Theorie), zunächst in Sondershausen, dann bis 1893 in Wiesbaden. In der Familie Riemann fand er herzliche Aufnahme, wenn auch Elisabeth Riemann mit Regers späterem Hang zum Alkohol ihre liebe Not hatte.
Das zunächst überaus gute und fruchtbare Verhältnis Regers zu Hugo Riemann verschlechterte sich im Lauf der Jahre zusehends, da Riemann die selbstständige kompositorische Entwicklung Regers, den er als einen möglichen Nachfolger Brahms’ gesehen hatte, ablehnte. So wurde auch Riemanns Darstellung Regers in seinem Musik-Lexikon von Auflage zu Auflage kritischer. Der Richtungsstreit um die »Degeneration und Regeneration in der Musik« 1907, bei dem die musikalischen Differenzen für jeden erkennbar zu Tage traten, dürfte die Kluft vertieft haben. “Meine u. Riemann’s Ziele sind so grundverschieden, daß wir uns künstlerisch nirgends mehr finden werden! Was den Menschen R. betrifft, so habe ich stets betont, daß ich ihn für einen hochanständigen Charakter halte!” 1
Reger widmete seinem Lehrer sein Opus 1, die Violinsonate d-moll, und dessen Frau die Sechs Lieder op. 4. Die Cantus firmi zu seinen Choralphantasien entnahm Reger überwiegend Riemanns .
Object reference
Hugo Riemann, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_00001.html, last check: 8th December 2024.
Information
This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.