Weiden, 23rd December 1898

Max Reger to Caesar Hochstetter

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Letter
Date
23rd December 1898 (source)
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Weiden
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  • Max Reger
Recipients

Incipit
Verehrtester Herr Hochstetter!
Sie haben mich heute schön beschämt, indem Sie mir […]

Regesta
äußert sich zur Scheidung des E. • dankt für Propaganda für die Deutschen Tänze • berichtet von der stattgehabten und der geplanten Aufführung der Hymne an den Gesang • erhielt Anfrage des Verlages Jos. Aibl, der das 15-minütige Werk für 150 M akzeptierte • musste, um die Münchner Aufführung nicht zu gefährden, alle Aufführungsmaterialien nochmals schreiben • außerdem hat der Verlag Aibl die vierhändigen Walzer op. 22 und Volkslieder für Männerchor • sagt zu, die Männerchöre nach Erscheinen zu senden • erbittet Kontaktaufnahme des E. mit dem Verlag Aibl zu Promotionzwecken, erhofft, dass Cellosonate op. 28, Choralphantasie op. 30, Lieder opp. 23 und 19 sowie Klavierstücke op. 20 angenommen werden könnten • bedauert, dass Augener mit der Edition der dem E. gewidmeten Klavierstücke so zögert • erbittet die Veröffentlichung einer Pressenotiz mit den Novitäten Regers, fügt Entwurf für eine solche Notiz bei • warnt vor Wiesbadener Musikern • weist darauf hin, dass bei Rob. Forberg die opp. 24, 26, 27 und 29 erscheinen • erbittet Text für ein Melodram
Remarks
Referenced works

Publications

Agnes Michalak, Max Reger Charakterstücke für Klavier zu zwei Händen, Karlsbad 2007, S. 40

Der junge Reger. Briefe und Dokumente vor 1900, hrsg. von Susanne Popp, Wiesbaden 2000 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XV), S. 370–373

Max Reger, Briefe zwischen der Arbeit, hrsg. von Ottmar Schreiber, Bonn 1956 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Heft 3), S. 33–35

Wilfried Jung, Der Künstlerbrief als Informationsquelle – am Beispiel Max Reger, Nürnberg 1970, S. 20

1.

Weiden, bayerische Oberpfalz, Allee 22,
23. Dezember 1898.

In größter Eile, wegen zu vieler
Arbeit. Bitte Schrift zu
entschuldigen.

Verehrtester Herr Hochstetter!
Sie haben mich heute schön beschämt, indem Sie mir zuerst [Einschub: »schrieben«], indem ich Ihnen noch Brief schuldig war. Ich bitte Sie mir das zu verzeihen im Hinblick auf die große Arbeit die ich in den letzten Wochen erledigt habe. Für Ihren freundlichen Brief danke ich Ihnen bestens. Das „Entre nous“ soll bei mir bestens aufgehoben sein. NB. Ist ein solcher Fall ja immerhin bedauerlich; ich bin aber da vollständig Ihrer Ansicht – wenns nicht mehr geht zusammen – dann den gordischen Knoten energisch trennen durch Scheidung. Ihre Kleine ist, wie ich weiß, sehr talentiert; versäumen Sie nur nicht das körperliche Wohl. So talentierte Kinder erfordern da sehr viel Vorsicht. Es ist als ob der frühreife Geist an den Körperkräften zehrte. Alles Glück der lieben Kleinen!
Haben Sie auch besten Dank für Ihre Propaganda für mich! Ich denke, daß die „Deutschen Tänze“ [op. 10] wohlgefallen haben. Entre nous – Ich würde aber heutzutage so manche Nummer aus diesen deutschen Tänzen nicht mehr schreiben.
Nun auch zum Grunde meines langen Stillschweigens!
Ich führte, wie Sie wohl wissen, am 19. November hier ein Chorwerk für Männerchor mit großem Orchester [„]Hymne an den Gesang“ [op 21] auf. Nun hat es sich gemacht, daß der Chor, der gut ist u. ich kann wohl sagen an manchen Stellen eine ganz neue Art der Stimmenbehandlung zeigt, nun vom „Lehrergesangverein“ in München (ein ausgezeichneter Verein mit 170 aktiven Mitgliedern) im Kaimsaale mit dem Kaimorchester auf[ge]führt [wird]. Nun war meine Partitur so geschrieben, daß nur ich klug werden konnte daraus; ich mußte also die Partitur u. Klavierauszug nochmals schreiben. Wie ich noch über dieser Arbeit sitze, gelangt eine Anfrage vom Verleger Aibl in München an mich, wie viel ich für den Chor verlangte. Ich forderte 150 M, wohl eben dabei bedenkend, wie schwer es ist, heutzutage ein schwieriges Chorwerk mit großem Orchester (15 Minuten Dauer) anzubringen – siehe Aibl nahm den Chor u. bezahlte prompt. Da aber Aibl den Chor sehr schnell edieren will, so mußte ich, um die Aufführung im Lehrergesangverein, zu der Aibl seine Einwilligung gegeben hat (aus dem Manuskript) das gesamte Material (Partitur, Klavierauszug, Orchester- u. Singstimmen) nochmals schreiben. Dabei ist die Partitur 36 enge Seiten stark. Außerdem nahm Aibl noch in Verlag mein op 22 „6 vierhändige Walzer“ – sehr flotte, einfache, natürliche Sachen. (Der Chor ist op 21) u. sodann „5 ausgewählte Volkslieder für Männerchor“ [WoO VI/6] bearbeitet. Diese Männerchöre (Volkslieder) sind piquefein; Sie werden ihre Freude daran haben. Nicht leicht – aber der Chor ist ganz anders behandelt. Ich sende sie Ihnen sogleich nach Erscheinen. Wenn Sie vielleicht an Aibl (München, Maximilianstr. 35, Hofmusikverlag) wegen mir einige Zeilen richten wollten, so wäre ich Ihnen sehr dankbar; wenn Sie ihm z.B. mittheilten, daß Sie gerne in den „R. K.“ wieder per Gelegenheit Artikel über neue Kompositionen von mir bringen wollen – überhaupt über mich als Komponisten an Aibl schrieben.
Ich habe nämlich noch eine Cellosonate (G moll) op 28 und eine „Fantasie über „Freu dich sehr, o meine Seele“ für Orgel op 30 u. 4 Lieder op 23 (leichter wie op 4, 8, 12, 15) „2 geistliche Gesänge mit Orgel op 19“ hier liegen. Bis in 3 Wochen ist auch ein neues Heft Klavierstücke (gefällig u. melodiös) op 20 fertig u. will ich mit der Cellosonate u. den Klavierstücken op 20 wieder zu Aibl gehen. In spätestens 3 Wochen sende ich dann die obengenannten Sachen (Cellosonate u. Klavierstücke) an Aibl. Wenn Sie bis dorthin vielleicht an Aibl schreiben würden wäre ich Ihnen für Ihre gütige Empfehlung so sehr dankbar. Wenn Sie meine „Orgelvorliebe“ miterwähnten, so wäre das sehr recht; ich könnte dann eventuell die Fantasie op 30 „Freu dich sehr, o meine Seele“ auch mit beilegen. Es ärgert mich sehr, daß Augener mit der Herausgabe des Ihnen gewidmeten Heftes so sehr zögert! Aber mit dem „Rüpel“ ist schwer etwas zu machen. Mit Engländern ist da schwer zu hausen.
Für die Notiz in den Redenden Künsten bin ich Ihnen sehr dankbar. Selbe liegt im „Grundriß“ bei. Sie verstehen das „Ummodeln“ daran eher.
Ihre „Moralpredigt“ fällt bei mir nicht auf steinigen Boden. Ich weiß, daß ich in Wiesbaden manchmal ganz unverantwortlich gehaust habe. Tempi passati.
„Alles kennen, heißt alles verstehen“ (falsch citiert) ich bin durch die Verhältnisse auch fast zu solchem wenig erbaulichen Lebenswandel getrieben worden. Hüten Sie Sich vor allzu großer Aufrichtigkeit gegenüber den Wiesbadener Tonkünstlern! Es sind ganz gewöhnliche Charaktere darunter.
Daß Eibenschütz stramm vorgeht, macht mir Spaß! Fuchs verstand nichts davon! Bei R. Forberg erscheinen von mir op 24 Six Morceaux pour Piano à deux mains, op 26 Fantasiestücke für Klavier, op 27 Phantasie für Orgel: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ u. op 29 Phantasie & Fuge C moll für Orgel. (Bitte, erwähnen Sie an Aibl nichts von Forberg.)
Nun ist es Zeit zum Schließen. Recht fröhliche Weihnachten Ihnen u. Ihrer herzigen Kleinen.

Ihr mit besten Grüßen
stets dankbarst ergebenster
Max Reger

Melodram!
Text!! Wissen Sie einen!
Bitte, Schrift zu entschuldigen!
In größter Eile!
Ich habe rasend zu thun!
verte

[Regers Textvorschlag quer auf der Rückseite:]
Von dem trefflichen Tonsetzer Max Reger, den wir kürzlich unseren Lesern vorstellten, erscheinen in Bälde wieder eine größere Anzahl von Werken. Der bekannte Verlag J. Aibl in München veröffentlicht in nächster Zeit von dem hochbegabten Komponisten: op 22 Sechs Walzer für Pianoforte zu 4 Händen, op 21 „Hymne an den Gesang“ für Männerchor mit großem Orchester“ u „5 ausgewählte Volkslieder für Männerchor bearbeitet“ [WoO VI/6], während der Verlag von R. Forberg in Leipzig op 24 Six Morceaux pour Piano à deux mains (Frau Teresa Carenno zugeeignet) op 26 Fantasiestücke für Pianoforte zu 2 Händen (Herrn Philipp Scharwenka) zugeeignet. op 27 Fantasie für Orgel: „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ [Einschub: »(Herrn Carl Straube zugeeignet)«] u. op 29 Fantasie & Fuge (Cmoll) für Orgel (Richard Strauß) zugeeignet) herausgeben wird. Auch in London bei Augener werden noch einige Hefte Klavierstücke erscheinen, nämlich des jungen Komponisten op 17 Improvisationen, op 18 „Aus der Jugendzeit“ u. op 25 (Herrn C. Hochstetter zugeeignet.) Außerdem hat der Komponist jetzt vollendet eine neue Sonate in Gmoll für Violoncello & Piano op 28, eine "Fantasie für Orgel über den Choral „Freu dich sehr, o meine Seele“ op 30, 4 Lieder op 23 u. 2 geistliche Gesänge op 19 u. Klavierstücke op 20. – Op 19, 20, 23, 28 u. 30 harren allerdings noch des Verlegers. Möchten sich recht balde thatkräftige Verleger finden, u. machen wir schon im Voraus unsre Leser auf diese neuesten Kompositionen aufmerksam.

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Ich meine, so könnte die Notiz sein; bitte, formen Sie um, nach Gutdünken.

Opuszahlen nicht verwechseln! Bitte, machen Sie aus obigem Grundriß die Notiz. Bitte, verzeihen Sie Schrift; in größter Eile, da ich zu viel zu thun habe. Gute Weihnachten. Beste Grüße!

Object reference

Max Reger to Caesar Hochstetter, Weiden, 23rd December 1898, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01000138.html, last check: 16th May 2024.

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