Weiden, 17th May 1901

Max Reger to Otto Leßmann, Allgemeine Musik-Zeitung

Object type
Letter
Date
17th May 1901 (source)
Sent location
Weiden
Source location
DE,
München,
Bayerische Staatsbibliothek,
Autogr. Reger, Max

Senders
  • Max Reger
Recipients
Hochwohlgeboren
Herrn Otto Leßmann
Charlottenburg–Berlin
Spreestraße 27

Incipit
Sehr geehrter Herr!
Nehmen Sie für freundliche Besprechung des Orgelconcertes Straube […]

Regesta
dankt für nachträgliche Besprechung eines Reger-Abends mit Karl Straube • freut sich, dass der E. die hohe Meinung über Karl Straube teit: »Er hat wirklich nur sehr, sehr wenige Rivalen!« • tadelt das Niveau der beim Reger-Abend vorhandenen Orgel, durch die Straube nicht noch mehr glänzen konnte • bittet um Rücksendung des Originalmanuskripts der Choralphantasie »Wachet auf, ruft uns die Stimme!« [op. 52 Nr. 2], um es an den Verlag Aibl senden zu können • erkundigt sich, ob neue Orgelwerke zu besprechen seien • bietet sein Lied Gleich einer versunkenen Melodie aus [Zwölf Lieder] op. 51 [Nr. 8] zum Abdruck in der Allgemeinen Musik-Zeitung an • berichtet von der Vollendung der beiden Streichquartette op. 54 Nr. 1 und 2, der Fünfzehn Lieder op. 55, des Klavierquintetts c-Moll op. 56 [später op. 64], der Symphonischen Phantasie und Fuge op. 57 für Orgel, der Sechs Burlesken op. 58 • hat viele neue Liedtexte zur Vertonung • weist auf die Orgelbearbeitung von Der heilige Franz von Paula auf den Wogen schreitend [Liszt-B1] hin und klagt, dass diese Bearbeitung erst in 15 Jahren erscheinen könne, da der Originalverleger den Druck mit dem Argument, dass das Werk »nur einen „moralischen“ Erfolg« hätte, abgelehnt habe • preist das Werk an, das sogar vom Blatt gespielt werden könnte: »Jeder Organist, der seinen Bach spielt, würde das Stück bewältigen können« • ist von pompöser Wirkung des Werkes überzeugt • bekundet, das Werk nun ruhen zu lassen, bis für Liszt-Werke »frei« würden und die Verleger mutiger • möchte wissen, wie viele Tantiemen der Originalverleger an Liszts Legende schon verdient habe • berichtet von seinem bevorstehenden Umzug nach München im September
Remarks

Otto Leßmann war Eigentümer und Herausgeber der Allgemeinen Musik-Zeitung (1844-1918); der genannte Reger-Abend von Karl Straube fand am 5. 3. 1901 im Münchner Kaimsaal statt; das Choralvorspiel Wachet auf, ruft uns die Stimme!, die Nr. 2 aus: Drei Choralphantasien für Orgel op. 52 erschien, zusammen mit den beiden anderen Choralvorspielen op. 52 im Juni 1901 bei Aibl; das Lied Gleich einer versunkenen Melodie aus den Zwölf Liedern op. 51 Nr. 8, erschien nach der Erstausgabe der Sammlung bei Aibl zusätzlich in: Allgemeine Musik-Zeitung, 28. Hg., Heft 40 (4. Oktober 1901); das Klavierquintett c-moll bekam schließlich die Opuszahl 64; die Erstausgabe von Regers Orgel-Bearbeitung von Liszts Der heilige Franziskus von Paula auf den Wogen schreitend [Liszt-B1 des Reger-Werkverzeichnisses] erschien erst posthum 1978 bei Breitkopf & Härtel;

Referenced works

Publications

1.

Weiden, bayerische
Oberpfalz, Allee 22. 17. V
1901.

2.

Sehr geehrter Herr!
Nehmen Sie für freundliche Besprechung des Orgelconcertes Straube meinen verbindlichsten Dank entgegen! Besonderen Dank dafür, daß Sie dies “nachgezügelte” Concert besprochen habe u. damit eine Ausnahme machten! Es freut ich sehr, daß Sie betreff des Herrn K. Straube so ganz meiner Ansicht sind. Er hat wirklich nur sehr, sehr wenige Rivalen! Seine Technik ist unfehlbar! Es ist nur schade, daß die Orgel nicht ganz 1. Ranges war, sonst wären Herrn Straube’s Leistungen noch besser gewesen! Er hätte vor Allem noch mehr “Colorit” bringen können.
Sehr verbunden wäre ich Ihnen, wenn Sie mir nur das Ihnen s.Z. gesandte Originalmanuskript der Phantasie “Wachet auf, ruft uns die Stimme!” [op. 52 Nr. 2] zurücksenden würden, damit ich es Herrn Spitzweg übermitteln kann! Vielleicht sind unterdessen bei Ihnen neue Orgelsachen eingelaufen, welche ich besprechen soll u. ginge ja dann die Sendung dieser Novitäten mit meinem Manuskript in bequemster Art.
Gestatten Sie, daß ich nun auf das Lied, welches Sie freundlichst in hochgeschätzter Allgemeiner Musikzeitung zum Abdruck bringen wollen, zurückkomme! Ich denke, am Besten wird da sein: »Gleich einer versunkenen Melodie, op op 51 No 8, welches Lied Sie nebst anderen 11 aus op 51 Sie ja schon seit einigen Wochen haben. Hoffentlich sind Sie mit diesen meinem Vorschlage einverstanden, was mich sehr freuen würde.
Vielleicht interessiert es Sie zu hören, was ich neu vollendet habe: op 54 Zwei Quartette für 2 Violinen, Viola u. Violoncello (Gmoll, Adur), op 55 Fünfzehn Lieder mit Klavier, op 56 [später: op. 64] Quintett Cmoll für 2 Violinen, Viola, Violoncello u. Pianoforte, op 57 Symphonische Fantasie u. Fuge für Orgel, op 58 6 Burlesken für Pianofortre zu 4 Händen. Zu ganz neuen Liedern habe ich ganz wundervolle Texte! (vielleicht op 60! [später: op. 62])
Sie wissen doch, daß ich “Der hl. Franz von Paula auf den Wogen schreitend” für Orgel bearbeitet habe! [RWV Liszt-B1]! Leider wird diese Bearbeitung, die ganz pompös wirken muß, nun 15 Jahre nicht erscheinen! Der Originalverleger dieses Stückes lehnt es durchaus ab, die Bearbeitung zu veröffentlichen! Obwohl er schreibt, daß er überzeugt ist, daß dieses Stück eine Perle der Orgelliteratur ist, so ist er doch der Meinung, daß die Sache nur einen “moralischen” Erfolg hätte! Famos! Ich bin überzeugt, daß er damit sogar ein Geschäft machen würde – denn meine Bearbeitung ist, obwohl alles enthaltend, leicht! Ein Organist, der z.B. meine Sachen spielt u. es gibt davon schon viele, würde diese Bearbeitung geradezu vom Blatt spielen! Jeder Organist, der seinen Bach spielt, würde das Stück bewältigen können; dazu bin ich überzeugt, daß es auf der Orgel noch weit pompöser u. grandioser klingen würde als auf dem Klavier!
Es bleibt mir nun nichts übrig, als mein Manuskript so lange ruhen zu lassen bis Liszt frei wird u. es dann Verleger gibt, die mehr Idealismus haben! – Natürlich die Erlaubnis, daß ich meine Bearbeitung anderswo herausgebe – die hat er mir ebenfalls verweigert! Eigentlich wäre es aber interessant zu wissen wie viel 1000 Gulden der Originalverleger schon an dieser Legende verdient hat!
Und dazu noch den dankbarst besten “Apostel” (Straube) um diese Bearbeitung “einzuführen”!
Im September dieses Jahres werde ich definitiv nach München übersiedeln!
Nehmen Sie zum Schlusse nochmals meinen verbindlichsten Dank entgegen u. mit der Bitte mir mein Manuskript op 52 II “Wachet auf” per Gelegenheit freundlichst zu retournieren u. um freundliche Nachricht betreff meines Vorschlages “Gleich einer versunkenen Melodie” bittend

Ihr
mit besten Grüßen
vorzüglichster Hochachtung
ergebenster
Max Reger

Bitte mich den hochverehrten Ihrigen bestens empfehlen zu wollen!

Object reference

Max Reger to Otto Leßmann, Allgemeine Musik-Zeitung, Weiden, 17th May 1901, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006572.html, version 3.1.4, 24th June 2025.

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