München, 4.–12. December 1901
Max Reger und Philomena Katharina Reger to Adalbert Lindner
Weiden,
Stadtmuseum Weiden, Max-Reger-Sammlung,
L 35
- Max Reger
- Philomena Katharina Reger
Lieber Freund!
Deinen Entschuldigungsbrief betreff Nichtkommen zum Orgelkonzert […]
die Lcicht ausführbare Kompositionen für verschiedene Vokalbesetzungen a cappella oder mit Orgelbegleitung op. 61 erschienen im April 1902 bei Siegel, die Zwölf Stücke op. 59 schließlich im September 1901 bei Peters (nicht bei Leuckart), dieOrgelsonate d-moll op. 60 erschien im März 1902 bei Leuckart; das angekündigte Werk »für großes Orchester« könnte die - letztlich unvollendet gebliebene - Symphonie d-moll Wo0 I/8 sein
- II. Sonata in D minor op. 60
- Leicht ausführbare Kompositionen zum gottesdienstlichen Gebrauch op. 61
- Monologe op. 63
1.
München, Wörthstr. 35 I.
4. Dec. 1901
2.
Lieber Freund!
Deinen Entschuldigungsbrief betreff Nichtkommen zum Orgelkonzert habe ich erhalten; die Sache war schon recht unangenehm, daß es so kommen mußte; allein es war wohl nicht anders zu machen. Es war sehr scharf, daß Du nicht hier warst.
Wegen Abendreihe – na, na, so ’ne Frage! Lieber zu lebhaft als schleppen. Ist der Liederkranz etwa in stiller Auflösung begriffen? Aber wenn eben nichtpragmatische Musik so schlecht klingt, daß es pragmatische Ohren schlecht vertragen können, so schlage ich vor einen bürgerlichen u. einen pragmatischen Liederkranz zu gründen. Es wird sich sicher unter den pragmatischen Herren einer finden, der mal auf der Münchner Trambahn mit einem fuhr, der einen Vetter hatte, dessen Schwager in Ochsenfurt mal der großen Trommel aus Versehen im Rausch das Fell „einfiel“, u. infolgedessen muß doch dann der betreffende Dirigent des pragmatischen Gesangvereins ganz ausgezeichnete Vorbildung zum Leiter eines Gesangvereins haben. Man suche in Weiden nur nach u. wird gewiß solche Persönlichkeit finden!
Nun ist der 12. Dezember geworden – u ich komme erst zum Weiterschreiben; es sind ja jeden Abend fast 2 Concerte, u. da ich alle besuche, so komme ich wenig zur Erledigung von Correspondenz! Also die Tantum ergo’s etc. etc. werden als op 61 bei C.F.W. Siegel’s Musikalienhandlung (R. Linnemann) Leipzig, Dörrienstr. 13 erscheinen; da Eugen Spitzweg auf immer krank ist, vor ¼ Jahr nicht daran zu denken ist, daß er gesund wird, so hätte die Sache zu lange gedauert, bis die Tantum’s erschienen wären, denn Otto Spitzweg getraut sich allein nichts zu kaufen, da sein Bruder derartig nervenkrank ist, daß er zum Geschäfte nicht mehr zu brauchen ist! Meine Orgelsonate op 60 D moll wird bei Leuckart erscheinen, bei dem auch dann kleinere Stücke à la op 59 herauskommen! [Opus 63]
Leuckart hat vor ein paar Tagen gelesen in Urania, daß ich Orgelconcert [WoO I/7] schreibe – heute fragt er drum schon an; mit André in Offenbach (sehr reicher Verlag) ist ebenfalls angeknüpft; Siegel (R. Linnemann) will mehr haben; Ries u. Erler in Berlin sind auch so mit einer eigentümlichen Anfrage gekommen; sie wollten mein op 55 zur Ansicht haben (auf die Kritik in Leßmann No 49!) (die Du ja gelesen hast). Peters nimmt sicher wieder was Größeres! Bis dann Eugen Spitzweg wieder gesund ist – bis dorthin – nun muß er mehr zahlen – ich bitte das alles à discretion – aber bitte auch wirklich den Schnabel halten!
Im Januar (4.) singt Ludwig Hess mit meiner Begleitung u.a. 5-6 Lieder von mir; im Januar machen Loritz u. ich einen Boehe-Reger-Liederabend; Boehe ist sehr begabt; u. im März (1902) ist ein Abend, an dem Loritz je 6 Lieder von Schillings, Hausegger u. mir singt u. jeder der 3 Komponisten seine Lieder selbst begleitet! (Die Idee stammt von mir; ist doch famos!) Außerdem spiele ich meine Klarinettensonate bei Hösl’s Kammermusikabend. Eventuell gibt die famose Kölner Pianistin H. Schelle noch einen Klavierabend mit Brahms, Reger u. Liszt! Ausgehauen d.h. in Marmor werde ich auch schon d.h. ein Bildhauer hat mir angeboten meine Büste zu machen, die er dann in der Kunstausstellung aufstellen will! Kostet mich gar nichts!
Schillings, Hausegger, Braungart sind Prachtmenschen – ist so mein hauptsächlichster Verkehr neben Loritz! Ich wundere mich oft selbst, daß Dr. Goering sich so famos zu meinen Sachen stellt! Denn er ist sehr kritisch! Hast Du die Kritik von Martin Krause in Musikwoche über den Regerorgelabend gelesen? Steht in No 44! [Rezension]
Nun bitte: 1.) mir mitzutheilen was die Stuttgarter Musikzeitung im letzten Quartal von mir an Musik veröffentlichte; bitte Seitenzahl genau spezifizieren!
2.) sehr wichtig: die Namen der Redakteure von der bayerischen Lehrerzeitung, der katholischen Volkszeitung, der sämtlichen Redakteure der Schulblätter für die 8 Kreise (oder heißt’s Schulanzeiger!) Bitte überall Adresse! Ich muß das alles bis 10. Januar wissen, damit er wegen der Tantum’s genügend Radau gemacht werden kann! Mit Widmann u. Haberl setze ich mich selbst in Verbindung!
Wie geht’s immer in Weiden? Hoffentlich seid Ihr alle wohl!
Ich werde nun im Januar für großes Orchester schreiben [WoO I/8]! Es gibt immer was zu thun, dazu eine Masse Besuche, die zu mir kommen. Nun bitte ich Dich nochmals die 2 „Bitten“ mir sicher bis 10. Januar genauestens mitzutheilen! ich muß die sämtlichen Adressen sehr genau haben!
Nun leb wohl, feiere schön Weihnachten u. mit besten Grüßen an Dich, die Deinigen u. Gollwitzer,
Ogg Dein
Max Reger.
Ich lasse etwas Raum, damit Mama weiter schreiben kann. [folgt Zusatz von Philomena Reger]
Object reference
Max Reger und Philomena Katharina Reger to Adalbert Lindner, München, 4.–12. December 1901, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01007750.html, last check: 6th December 2024.
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